Die Nestsuche


Ich bin zurzeit auf Nestsuche. Und das nicht nur, weil Ostern vor der Tür steht. Ich möchte endlich aus der Mietwohnung raus und meine eigenen 4 Wände haben die ich nach Belieben umwerfen, aufbauen, streichen oder Löcher reinmachen darf.
Doch so eine Immobiliensuche erweist sich im Regelfall tückischer als gedacht. Angefangen bei der Wahl der richtigen Webseite. Immerhin soll das Heim auf einer sympathischen Immobilienseite informativ präsentiert werden.
  
Einer der wichtigsten Punkte bei der Haussuche sind für mich Fotos des Objektes. Und da sind Bilder vom Grundriss am interessantesten und auch am sinnvollsten.
Jedoch ist den Maklern das nicht so ganz bewusst. Im Gegenteil. Es scheint einen geheimen Wettstreit zwischen den einzelnen Büros zu geben, wer die meisten Bilder schießt die absolut nichts aussagen.
 
Mein persönliches Highlight habe ich bei einem Haus aus den 80er Jahren gefunden. Wohnfläche, Gartenfläche sowie die Zimmer und vor allem die WC-Anzahl, entsprachen in etwa meinen Vorstellungen. Auch die Heizungsart, Fenster und Türen waren als neu und auf Stand der Technik präsentiert worden. Besonders ist auch, dass das Haus unterkellert ist.
Ich weiß ja nicht wieso man das heute so macht, aber die wenigsten (leistbaren) Neubauten verfügen über einen Keller oder Dachboden.
Heute baut man lieblose quadratische Klötze mit Flach- oder Satteldach die im Wesentlichen mehr an eine Legebatterie als an ein gemütliches Heim erinnern.
Und alle sind gleich strukturiert. Da gibt es nichts Individuelles. Man kommt unten durch die Tür in eine kleine Diele. Links davon ein Klo und eventuell rechts ein Büro / Gästezimmer oder der Technikraum. Dann geht es vorbei an den Treppen ins Obergeschoß in die Wohnküche mit Essbereich. Die Terrassentür bietet einen Blick in den 30 qm Garten der zur Hälfte mit Waschbetonplatten verbaut ist. Im Obergeschoß gibt es dann 2-3 Schlafzimmer sowie ein Bad mit WC. Das war’s.
Und wo soll man bitte seinen ganzen angesammelten Krempel verstauen? Es kann mir doch niemand erzählen, dass er kein Klumpat hätte. Man braucht Klumpat. Das ist einfach ein ungeschriebenes Gesetz und daran hat man sich zu halten. Wir waren, sind und bleiben Jäger und Sammler. Wobei sich das Jagen mittlerweile auf Schnäppchen beschränkt. Und die sind meistens eindeutiges Klumpat das man im Grunde nicht braucht aber haben muss, weil wir eben Jäger und Sammler sind.
Alleine schon Ski oder Fahrräder. Saisonkleidung, Geschenke die man mal erhalten hat die man nie wollte aber aufgrund von Gewissensbissen nicht wegwerfen kann. Dann Reifen für ein Auto, Schlittschuhe, eine kleine Werkzeugausrüstung usw. Ich könnte noch tausende weitere Dinge aufzählen die man eben hat. Wie leben die Leute denn in solchen Kartons?


 
Zurück zum 80er Haus.
Nach dem Studium der textreichen Beschreibung, welche einer linguistischen Darmverstimmung gleichkam (ja, so sehr schmerzte es), stürzte ich mich voller Erwartungen auf die grafischen Darstellungen des angebotenen Objektes.
 
Ich stellte schon früher fest, dass die Ersteller dieser künstlerisch in Szene gesetzten Teilfragmente von Wänden und Türen offensichtlich in der frühen Jugend stecken geblieben waren.
Hierbei meine ich jene Zeit, in der man die ersten Klassenfahrten erleben durfte. Damals, in den 80er und 90er Jahren war man befugt, sich für diese Zwecke Papa’s Fotoapparat auszuleihen. Und DAS war wirklich ein Highlight. Ganz im Gegensatz zu den Ergebnissen die man nach der Entwicklung der Filme bestaunen konnte. Häufig waren Sessellehnen, Betten und Klassenkameraden mit abgeschnittenen Köpfen oder verwackelte Aufnahmen von Autobus-Innenräumen zu finden.
 
So oder so ähnlich sehen auch die Aufnahmen der Hausanbieter aus. Ecken von weißen Wänden, Steckdosen, Lichtschalter, Kanaldeckel und Türschnallen sind so die Dauerbrenner in den Makler-Greatest-Foto-Hits.





 Wenn sie die Umgebung dazu fotografieren ist das nicht immer schlecht. Wenigstens weiß man dann wie die Nachbarschaft aussieht. Jedoch schießen einige fauna- und florabegeisterte Immobilienmakler über das Ziel hinaus, denn ich persönlich finde ja Thujenhecken, Sträucher, Steine oder Blumenbeete bei der Haussuche weniger interessant.

 
Aber ich schweife schon wieder ab. Zurück zu meinem ganz besonderen Fundstück. Das Haus aus den 80ern.
Wie bereits erwähnt war die Textbeschreibung eine Erfahrung für sich, aber ich verstand wenigstens welche Räume es auf welcher Etage gab.
So zum Beispiel gab es eine „Dille“ und eine „große Wohnkühe in Erdgeschos“, eine „kleines Bad mit Dusch-Kabiene“ und ein „Wohnsimmer“. Interessanterweise hat er „3 Schlafzimmer, Wannenbad mit WC im Obergeschoss“ richtig geschrieben. Ich möchte bitte dazu anmerken, dass der Anbieter keineswegs ein Mitbürger mit Migrationshintergrund, sondern ein stolzer Inländer war!
Für jemanden der mit seiner Arbeit im Internet auftreten und davon leben muss ist das wirklich nicht sehr förderlich.
Schnuckelig waren auch die Fotos. Zwei waren es. Eine Kloschüssel mit hochgeklappter Klobrille samt danebenstehendem Pömpel und eine Ente in einem Teich (der sich weder am Grundstück - noch in der Nähe befand).
Weil meine Klobrille in der Mietwohnung ohnehin gerade gebrochen war, habe ich gleich eine Anfrage zu der gezeigten geschickt. Mit einer Antwort wurde ich nicht belohnt. Der Artikel dürfte schon einen neuen Besitzer gefunden haben.
 
Das Haus habe ich einige Wochen später dennoch besichtigt. Danach war mir klar weshalb das Klo mit Pömpel gezeigt wurde. Es war der einzige Raum in diesem Haus, der noch in Ordnung und herzeigbar war.

1 Kommentar:

  1. Es ist so schwer heutzutage eine Wohnung/Haus zu finden.
    Stehe zurzeit vor dem selben Problem. Meist ist der Fokus auf Fußboden Heizung usw jedoch brauch ich meist immer ein Foto des Umrisses .
    Super Text btw. weiter so!

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