Der Kinderabend

Ist der Abend mal erreicht,
Kinderlachen Raunzen weicht,
dann ist's, wie alle Tag' soweit,
es ist höchste Schlafenszeit.
Die Kleinen werden flugs gebadet
und, dass nichts den Zähnchen schadet,
wird, weil es am Tag verschmutzt,
das Kauwerkzeug hübsch durchgeputzt.
"Mit Musik, sonst geht es nicht",
fordert noch der eine Wicht.
als hätt am End' von diesen Tagen,
das Ohr nicht schon genug ertragen.
Von Streit man heut' genügend hatte
drum startet man die Zahnputzplatte.
Ein paar Minuten braucht's erst mal,
dann endet auch die Zahnputzqual.
Nun ab ins Bett, rasch wie der Wind,
"Schlaf-ein-Geschichten", bettelt's Kind.
"Na schön", denkt man, "das ist auch Pflicht..."
Vorzulesen stört mich nicht.
Mal zwei, mal drei, mal vier Geschichten,
genügend sind es nie, mitnichten.
Ist damit dann auch mal Schluss,
folgt das Kuscheln auf den Fuß.
So kommen sie nun doch zur Ruh',
die Kleinen. -Schwups- und Augen zu.
"Na also!" denkt man, froh gesinnt,
"Für mich der Abend jetzt beginnt".
Doch man liegt, ohne Erbarmen,
umklammert von vier Kinderarmen.
Bloß nicht hastig, Zeit gelassen,
die Freizeitpläne sonst verblassen.
Erwacht ein Kind, wie unverfrohr'n,
beginnt die Prozedur von vorn.
Mit Kuscheln, lesen und auch singen,
willst den Schlaf du dann erzwingen.
Doch heute nicht, die Kinderaugen
bleiben zu, man mag's kaum glauben.
Die Kleine trage ich behände
in ihre eigenen vier Wände.
Das Gitterbett, so warm und weich,
ist für sie der Schlafbereich.
Auf dem Bäuchlein liegt sie da,
schnauft ganz zart, wie wunderbar.
Entzückt davon, mit frohen Tritten,
komm ich ins Wohnzimmer geschritten.
Setz mich aufs Sofa, ganz entspannt,
die Fernbedienung in der Hand.
Ein Glas mit Wein will ich nicht missen,
was spielt's im Fernsehen?- gilt's zu wissen.
Erledigt auf der Récamiere
zapp' zwischen Sendern hin und her.
Mal kann man seh'n wie Assis streiten,
am andern Sender Cowboys reiten,
Politgespräch im Parlament,
mit Schlagzeilen über'n Wirtschaftstrend.
"Naja, was soll's, was hast erwartet",
so wird der Streamingdienst gestartet.
Oh nein, es tönt das Babyphone
mit schrillem, lauten, hohem Ton.
Jetzt heißt's aber 'rasch zum Kind',
weil sonst beide munter sind.
Dabei fällt, wie sollt's sonst sein,
das schöne Glas mit teurem Wein.
Dafür ist jetzt keine Zeit,
wie gesagt, das Kleinkind schreit.
So laufe ich mit feuchten Zehen
um dem Kindchen beizustehen.
Sacht dem Gitterbett entnommen,
ist es schnell zur Ruh' gekommen.
Ein Küsschen und ein wenig wiegen,
spür die Kleine an mich schmiegen.
Na wer sagts denn, fein gemacht,
zurück ins Bett und gute Nacht.
Danach geht's ab ins andre Zimmer,
denn auch von dort ertönt Gewimmer.
Was ist denn wieder hier geschehen?
Siehst ne Gestalt im Raume stehen.
"Mein Bett ist nass und auch die Hose.",
die Windel saß hier wohl zu lose.
Also wechselst kurzer Hand,
zuerst das Bett und dann das G'wand.
 Doch was passiert, es steigt zur Nase,
Geruch von Flüssigkeit der Blase.
Es geht nicht, dass das Kind so stinkt,
drum abermals die Dusche winkt.
Also folgt, zum zweiten Male,
waschen mit Kleinkind-Randale.
Den Burschen leg' ich dann erneut
in sein Bett, was ihn nicht freut.
Laut macht er dem Ärger Luft,
bis nebenan die Kleine ruft.
So, jetzt reicht's dann, junger Mann,
stell dich nicht so störrisch an!
Wir sind dann übereingekommen,
erst wird ihr sich angenommen.
Sobald die Schwester schläft und schweigt,
steh' ich gleich für ihn bereit.
Langsam kommt mir der Verdacht,
die Wut hat sich schon breit gemacht,
dass die Kinder schon seit Wochen,
sich für heute abgesprochen,
wie's bei uns stets lustig bleibt
und man mich in' Wahnsinn treibt.
Bin ich denn komplett von Sinnen?
Kinder soll'n Intrigen spinnen?
Die Kleinen sind doch stets echt niedlich
und die meiste Zeit auch friedlich.
Das alles in Gedanken rennt -
Oh, wie schön, die Kleine pennt.
Das wäre also auch geschafft,
drum auf den Weg zum Bub gemacht.
Doch was ist das, ich kann nicht mehr,
das kann nicht sein, sein Bett ist leer.
Im ganzen Zimmer wird gesucht
und nicht jugendfrei geflucht.
Weißt was, dann bleib doch wo du bist,
Weil's mir jetzt zu blöde ist.
So stapfe ich, schon halb verrückt,
zurück zum Polstermöbelstück.
Was ist denn das? Bin ich im Traum?
Ich traue meinen Augen kaum.
Da liegt, in nassem Schlafgewand,
das Kind, das ich noch grad nicht fand.
Beim Gang zum ihm, ich leugne's nicht,
bemerk ich, dass er komisch riecht.
Er hat den Wein ganz unverdrossen,
den ich zuvor erst ausgegossen,
und damit das Parkett verschmutzt,
mit seiner Zunge weggeputzt.
Ich schleich zu ihm und schaue wirr
und hoffe sehr, dass ich mich irr'.
In dem Belang bin ich kein Kenner,
doch stinkt er wie ein Bahnhofspenner.
Hier liegt ein stockbesoff'nes Kind,
ich weiß nicht, wie ich das jetzt find.
Zum Einen es mich schmunzeln lässt,
endlich schläft er tief und fest.
Zum Anderen ist Alkohol
wirklich schlecht fürs Kinderwohl.
Die Wut von vorhin ist verflogen,
der Bub wird nochmals umgezogen,
und zuletzt ins Bett verfrachtet,
auf Seitenlage wird geachtet.
Jetzt einen Blick zur Uhr gemacht,
na herrlich, es ist Mitternacht.
Hab nichts gehabt von meiner Zeit.
Auch jetzt nicht, weil die Kleine schreit.
Verzweifelt hier mit meinem Leben,
fällt mein Blick zum Saft der Reben.
Den Schnuller könnte ich benetzen
und sie unter Drogen setzen...
Oh nein, das wäre ganz verkehrt,
wenn man damit das Kleinkind nährt.
Darum hab ich mich besonnnen,
und die Kleine hochgenommen.
Damit wir jetzt zum Ende finden,
werd mit der Tochter ich entschwinden.
Eng gekuschelt liegt sie da,
friedlich schlafend beim Papa.
Der Abend war schier fürchterlich,
doch langsam, da entspann ich mich.
Was morgen kommt, das weiß ich nicht,
es ist auch eine and're G'schicht.

6 Kommentare:

  1. Ich hau mich ab, sowas von Mitten aus dem Leben gegriffen! Oder man kann auch sagen - stinknormale Tag mit Kindern halt

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  2. Grandios! Da können bestimmt alle Eltern von mindestens zwei Kindern mitfühlen.

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  3. Tja mein Lieber! Bis auf den Alkohol ist es toll geschrieben

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