Glaube nicht, was du siehst

Oft täuscht man sich

(um es zu verstehen, muss man schon bis zum Schluss lesen)

Völlig erschöpft setzte er sich neben sie ins Gras. Sie blieb stehen, sah aber nicht weniger fertig aus als er. Beide keuchten und schnaubten.

Ihm ging durch den Kopf, was gerade alles passiert war. Völlig zügellos, ohne Schutz, ein wilder Ritt. Und zwar da, wo er es zuvor noch nie gewagt hatte. In der freien Natur. In Wald und Wiese trieb er sie und sich selbst zu Höchstleistungen an. Auch wenn ihm bereits alles weh tat, er wollte nicht aufhören. Immer weiter, immer weiter. Seine Schenkel brannten bereits von dem enormen Tempo, das sie vorlegten. Aber er wollte nicht aufgeben. Er wollte sich selbst beweisen, dass er das Stehvermögen besaß. Und er hatte es bewiesen. Das verriet sein absolut müder Körper. Und dass auch sie genug hatte, das erkannte man an ihrem lauten atmen.
Er war durstig. So einen Durst hatte er wohl im Leben noch nicht gehabt. Er hatte sich auch wohl noch nie so verausgabt. Besonders nicht, in diesen Gefielden der Aktivitäten. Ihm war heiß, sein gesamter Lendenbereich schmerzte. Durch das ständig angestrengte auf und nieder spürte er seine Muskeln in Rücken und Becken pochen. Sein gesamter Kreislauf spielte verrückt. Der Schwindel, den er verspürte, wurde von Minute zu Minute schlimmer. Sie hätten etwas zu trinken mitnehmen sollen. Außerdem wollte er sich gerne den Schweiß abwischen, aber nichtmal ein Tuch oder eine Decke hatten sie mitgenommen. So schnell wollte er aufbrechen, so eine Vorfreude hatte er verspürt. So stolz war er auf seinen Mut, es nun endlich durchzuziehen.
Das einzige Utensil, dass sie mitnahmen, war eine kleine Peitsche, mit der er ihr fast während der ganzen Zeit auf den Hintern schlug. Es schien sie nicht zu stören, darum machte er weiter. Aber es war hart. Denn je öfter er zuschlug, umso wilder wurde sie. So sehr, bis sie nur noch keuchte. Darum hatte er einen Gang hinunter geschalten.
Dennoch legten sie ein beachtliches Tempo vor. Auch den Kopf hatte er sich hin und wieder gestoßen, seine Aufmerksamkeit verlor mit zuhnehmender Erschöpfung.
Die Schmerzen in seinem Schritt wurden nicht besser. Im Gegenteil. Es wurde immer schlimmer. Sie stand immer noch da, neben ihm, auf einem Trampelpfad am Waldesrand, wo sie sich kurz zuvor noch so verausgabt hatten. Sie schien ihre Kurzatmigkeit bereits wieder im Griff zu haben und sah fit genug für eine zweite Runde aus.
Er blickte auf, sah sie an, musterte ihren starken Körper, überlegte kurz, ob er es wagen sollte. Ob er die Schmerzen noch unterdürcken könne um es wieder zu tun. Ein zweites Mal? Als er aufstehen wollte, gaben seine Beine nach. Er brauchte unbedingt etwas zu trinken. Zu heiß war es, zu anstrengend. Das war also der Preis dafür, dass er ihr und sich selbst etwas beweisen wollte. Aber, so dachte er, das war es wert. Das erste mal in freier Wildbahn und dann gleich so eine riesen Nummer. Wahnsinn.
Er versuchte ein zweites Mal aufzustehen, doch die Schmerzen im Schritt zwangen ihn wieder zu Boden. Das würde von seinen Freunden nicht ein einziger glauben.
Weil es so weh tat, griff er zwischen seine Beine und jammerte leise: "Nie wieder werde ich ohne Helm, Sattel und Zaumzeug auf dieser Stute abseits von Wegen reiten..."

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